... Im Mittelpunkt aller Arbeiten steht nicht die Kunstfertigkeit des Fastens, sondern die Frage nach der Schönheit: Existiert Schönheit nur im Sinne von Natürlichkeit, von Authentizität (hier haben wir wieder den Begriff, gegen den Ottmar Hörl polemisiert), oder ist Schönheit ein Erscheinungsform der Künstlichkeit, existiert sie immer dann, wenn etwas schöner ist als Natur, mit anderen Worten, wenn etwas künstlich ist? Woher wissen wir eigentlich, dass Natur schön ist? Wann haben wir das gelernt? Heute wird zwar hie und da behauptet, alles Naturbelassene und somit angeblich Authentische sei schön aber die Mehrheit aller Menschen handelt nicht gemäß dieser Maxime. Schönheit kann keine Kategorie sein, die unabhängig von uns Menschen existiert. Die Natur musste unterworfen werden, damit die Menschen sie wenigstens teilweise schön finden.
In der allerneuesten Serie Schrüfer werden die Blüten am Computer regelrecht zusammengebaut und verdichtet, mehrere Bilder werden miteinander „gekreuzt“, bis eine monströse Kirschblüte herauskommt oder eine buschige Traube an Blüten, wie es sie an natura niemals geben könnte, außer als beängstigende Mutation. Diese Pracht assoziieren wir gar nicht mit einem Abbild der Natur. Die Betrachter denken eher an: Kunst - also Malerei, beispielsweise an den Impressionismus oder den Expressionismus.
Margarete Schrüfer zeigt nie die gefalteten Blumen, sondern nur deren Abbild mittels des Fotos, das die Papierblumen inszeniert. Aber wären gefaltete Papierblumen „im Original“ denn authentisch? Und wenn das so wäre, wären sie dann überhaupt Kunst?
Mit dieser Frage sind wir wieder beim Motte der Ausstellung:
Es ist dem Betrachter möglich, die Künstlichkeit der Blumen in jeder Hinsicht zu erkennen. Wird er folglich getäuscht? Mitnichten. Der Betrachter kann zwischen zwei Ebenen switchen: Da ist die Gefühlsebene, die fast überzeitlich ist. Blumen sind um uns von der Geburt bis zum Tod, sagte einer meiner Lieblingsmaler. Wir erfreuen uns an Blüten und Blumen auch auf einer metaphorischen Ebene. Aber im Sinne der ewigen Wiederkehr des Gleichen unter neuen Vorzeichen möchten wir uns im 21. Jahrhundert auch anders zu Blumen verhalten als gefühlsmäßig, nämlich analytisch. Und wie das geschehen kann, dafür liefert Margarete Schrüfer ihre Werke, die uns Gelegenheit geben, ein Gefühl als Resultat eines Konstuktionsprozesses zu verstehen....